Neulich bin ich über ein Video gestolpert, in dem der Creator sich über Sevdesk ärgert. Der Anlass seines Ärgers war, dass er das Reverse Charge Verfahren in Sevdesk nicht abbilden konnte. Leider ist das bei Sevdesk nicht voreingestellt. Dennoch ist es möglich, auch mit SevDesk Belege und Rechnungen im Reverse Charge Verfahren anzulegen und zu buchen. In diesem Artikel möchte ich dir einen Überblick darüber geben, wie das geht.
Was ist das Reverse Charge Verfahren und warum sollte mich das interessieren?
Das Reverse Charge Verfahren ist ein Konzept aus er Welt der Umsatzsteuer. Normalerweise bezahlt der Käufer die Umsatzsteuer an den Verkäufer und der führt die Umsatzsteuer dann ans Finanzamt ab. Beim Reverse Charge Verfahren ist es genau anders herum. Hier zahlt der Käufer dem Verkäufer keine Umsatzsteuer, sondern führt sie direkt ans Finanzamt ab.
Wann kommt das Reverse Charge Verfahren zum Einsatz? Das regelt der §13b Umsatzsteuergesetz. Grundsätzlich kommt es nur zur Anwendung, wenn sowohl der Käufer als auch der Verkäufer Unternehmer sind. Neben ein paar Spezialfällen wie z.B. Bauleistungen wird das Reverse Charge Verfahren vor allem bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen angewendet.
Bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen haben sich die Länder darauf geeinigt, dass die Umsatzsteuer immer in dem Land fällig ist, in dem die Leistung erbracht wird. Damit wird eine Doppelbesteuerung vermieden. Damit müsste normalerweise der verkaufende Unternehmer die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen, in dem der Käufer sitzt. Da es jedoch sehr aufwändig sein kann, sich mit all den Finanzämtern in allen Ländern auseinanderzusetzen, wurde das Reverse Charge Verfahren als Vereinfachung eingeführt. Denn es ist einfacher, sich mit dem eigenen Finanzamt auseinander zu setzen als mit ausländischen. Damit kehrt sich die Steuerschuld um und der Käufer meldet direkt die Steuern an sein Finanzamt.
Solche grenzüberschreitenden Dienstleistungen erwirbst du z.B. immer dann, wenn du mit Plattformen wie Google, Amazon oder Facebook Geschäfte machst. Denn diese sitzen üblicherweise nicht in Deutschland, sondern eher in Luxemburg oder Irland. Damit stellen sie dir ihre Gebührenrechnungen mit 0% USt aus und du bist verantwortlich die Umsatzsteuer darauf, deinem Finanzamt zu melden.
Sonderfall Kleinunternehmer
Reverse Charge Verfahren in Sevdesk
Das Reverse Charge Verfahren kommt in zwei möglichen Szenarien vor:
- Du erbringst einem ausländischen Unternehmen eine Leistung.
- Du kaufst von einem ausländischen Unternehmen eine Leistung.
Fall 1: Du erbringst einem ausländischen Unternehmen eine Leistung
In diesem Fall möchtest du Rechnungen mit 0% Umsatzsteuer ausstellen und du möchtest, dass diese auf das Konto „Erlöse aus im anderen EU-Land steuerpflichtigen sonstigen Leistungen, für die der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schuldet“ (4336 im SKR04) buchen. In der Umsatzsteuererklärung erscheinen diese dann im Feld 21.
Die Grundlage für den gesonderten Ausweis im Umsatzsteuerrecht ist der § 18b Satz 1 Nummer 2 UStG (Gesonderte Erklärung innergemeinschaftlicher Lieferungen und bestimmter sonstiger Leistungen im Besteuerungsverfahren).
Damit du diese Rechnungen erstellen kannst, musst du in SevDesk eine neue Umsatzsteuerregel erstellen. Das kannst du direkt aus einer Rechnung heraus machen. Wenn du eine Rechnung anlegst, gibt es den Link „Weitere Optionen einblenden“. Klickst du darauf, werden die verschiedenen Umsatzsteuerregelungen eingeblendet. Dort kannst du dann die benötigten Infos wie in der Grafik links hinterlegen.
Hast du diese Umsatzsteuerregelung angelegt, kannst du diese in deinen Rechnungen auswählen. Damit funktioniert schon einmal die Umsatzsteuermeldung. Leider wird die Rechnung damit automatisch auf den Umsatzsammelposten 4000 gebucht und erscheint in der Auswertung unter „Umsatzsteuerpflichtige Betriebseinnahmen“
Fall 2: Du erhältst von einem ausländischen Unternehmen eine Leistung
Dieser Fall ist für alle relevant, die eine Rechnung von den großen amerikanischen Plattformen erhalten, die in Europa von Irland oder Luxemburg aus operieren. Allen voran allen FBA Händlern, die die Gebührenrechnungen von Amazon verbuchen wollen.. In diesem Fall möchtest du bei deinen Belegen angeben können, dass es sich um eine Rechnung im Reverse Charge Verfahren handelt.
Auch hier kannst du in Sevdesk wieder eine Umsatzsteuerregel anlegen. Dies kannst du entweder bei den Belegen machen oder unter Einstellung >> Buchhaltung >> Umsatzsteuerregelungen.
Hier sind die Felder für die Umsatzsteuervoranmeldung die 46/47 (Wert und Steuer) und die 67 (Vorsteuer). Es braucht diese 3 Felder, da die Umsatzsteuer, die du abführst, gleich wieder als Vorsteuer abgezogen werden kann.
Hast du die neue Umsatzsteuerregel angelegt, kannst du deine Belege damit buchen.
Wichtig ist dabei, dass du den Steuersatz mit 19% angibst – bei den Belegen dann jedoch mit 0%. Bei den Belegen ist es mit dem Buchhaltungskonto einfacher. Das kannst du unter Kategorie auswählen und wenn es das nicht gibt, welches du möchtet, kannst du es einfach anlegen.
Genau solche Feinheiten, wie dass ich bei den Belegen 0% USt im Reverse Charge Verfahren angeben muss, führt dazu, dass ich meine Buchhaltung nur 1x pro Quartal mache. Das sind nämlich Feinheiten, die ich jedes Mal wieder nachschauen muss. Willst du mehr Tipps, wie du deine Buchhaltung schneller machen kannst, empfehle ich dir meine 5 Hacks für eine effiziente Buchhaltung.
Fazit
Im Verhältnis zu den Alternativen (nämlich Umsatzsteuer in allen Ländern abführen zu müssen) ist das Reverse Charge Verfahren ist bei grenzüberschreitenden Leistungen eine große Vereinfachung. Wenn du bisher jedoch hauptsächlich in Deutschland Geschäfte gemacht hast, ist es erst einmal verwirrend. Wenn man mal von eCommerce-Unternehmen absieht, sind grenzüberschreitende Transaktionen nicht an der Tagesordnung. Deshalb sind auch Buchhaltungstools wie Sevdesk, die auf Freelancer fokussiert sind, nicht automatisch damit ausgestattet. Doch zum Glück ist Sevdesk flexibel genug, damit auch wir FBA Händler das Reverse Charge Verfahren gut einstellen können.
Diesen und viele weitere praktische Tipps gibt es in meinem Kurs FBA Buchhaltung für Amazon Händler.