Die Amazon Seller Central Plattform ist ein Desaster in Bezug auf Usability. Ich habe Stunden und den Support gebraucht, um alle richtigen Reports für eine ordnungsgemäße Buchhaltung zusammen zu sammeln. In diesem Artikel teile ich jetzt mit Euch meine Erkenntnisse, damit ihr schneller eure Buchhaltung und Umsatzsteuererklärung machen könnt.
Das, was ich euch zeige, ist eine vereinfachte Art und Weise der Buchhaltung. Theoretisch müsstet ihr jede Bestellung einzeln buchen. Praktisch ist es jedoch möglich, diese in einem Buchungssatz zusammen zu fassen und dann im Beleg die einzelnen Bestellungen aufzuführen. Wichtig ist jedoch, dass nur dem Wesen nach gleiche Dinge zusammen gefasst werden. Also z.B. nur die Umsätze aus den Bestellungen und auch nur die mit gleichem Steuersatz. Und die Umsätze dürfen nicht mit den Kosten vermischt werden.
Ein kleiner Disclaimer: Dies bezieht sich nur auf Verkäufe, die über Amazon.de gemacht werden und auch nur für Leute, die alle über Amazon verkauften Waren auch durch Amazon versenden lassen. Wer grenzüberschreitend verkauft oder selbst versendet, braucht noch einmal andere Reports, um dies zu sehen und ordnungsgemäß zu verbuchen.
Und noch ein zweiter Disclaimer: Ich habe diesen Artikel nach besten Wissen und Gewissen und auch in Abstimmung mit meinem Steuerberater erstellt. Ich selbst bin jedoch kein Steuerberater und es stellt auch keine Steuerberatung dar.
Und falls ihr lieber ein Video schaut statt zu lesen, findet ihr hier meine zwei YouTube-Videos zu dem Thema.
Video vom Mai 2022: FBA Verkäufe und Gebühren buchen | Amazon Buchhaltung
Das ist das Ursprungsvideo, auf das sich auch dieser Artikel bezieht. Der Prozess für die vereinfachte Buchhaltung ist im Prinzip gleich geblieben, hat sich nur noch verfeinert.
Video vom April 2023: Buchhaltung für Amazon Händler: 2 Methoden
Das ist die aktualisierte Version mit zwei Optionen für die Amazon-Buchhaltung: vereinfachte Buchhaltung (günstige Option für IST-Versteuer) und vollständige Buchhaltung (stärker automatisierte Option auch für SOLL-Versteuerer).
Jetzt aber mal los und weiter unten gibt es auch noch eine Ankündigung
Startpunkt der FBA Buchhaltung: Zahlungen
Der Startpunkt für die gesamte Buchhaltung ist die Zahlung von oder an Amazon. Da kommt schon die erste Herausforderung.
- Amazon zahlt ca. alle 14 Tage. Es sind jedoch nicht jedesmal genau 14 Tage, sondern manchmal verschieben sich die Zahlungen auch.
- Amazon aggregiert alle Erträge und Aufwendungen innerhalb dieser 14 Tage und zahlt dann nur die Differenz aus bzw. bei einem Minus ziehen sie die Differenz ein.
- So kann es vorkommen, dass eine Abrechnung 0 ist, weil Amazon alles verrechnet hat und wir trotzdem eine ganze Reihe Buchungen dahinter haben.
Um zu verstehen, was in den Zahlungen enthalten ist, gibt es bei Amazon eine Menge Übersichten. Der laut Support einzige Bericht, der alle Information über alle Transaktionen enthält ist der Bericht “Alle Abrechnungszeiträume” Diesen findet ihr auch unter Berichte > Zahlungen > Alle Abrechnungszeiträume.
Der Bericht ist eine Tabulatorgetrennte TXT Datei im deutschen Format. Damit könnt ihr die Datei ohne weiteres einfach in Excel öffnen und als .xlsx neu abspeichern und alles passt. So sieht so ein Bericht aus:
Das Datum in diesem Bericht nennt sich posted-date und bezeichnet das Datum, an dem die Bestellung an den Kunden geliefert wurde. Das ist bei Amazon = Rechnungsdatum. Diese Info ist später noch einmal relevant. Dieser Artikel hilft dir, den Abrechnungsreport von Amazon zu verstehen.
Belege erzeugen und buchen
Habt ihr die Datei runter geladen, könnt ihr die einzelnen Positionen entsprechend der Kostenart aggregieren und daraus Belege generieren. Diese Belege könnt ihr in Euer Buchhaltungsprogramm hochladen und die einzelnen Positionen buchen.
Die 5 häufigsten Positionen sind:
| Amazon Beschriftung | Was ist das | Buchungskonto bei sevDesk | Buchungskonto im SKR04 |
|---|---|---|---|
| ItemPrice Principal | Preis, den Kunden zahlen | Einnahmen / Erlöse | 4200 |
| ItemFees Comission | Verkäufergebühr | Verkaufsprovision | 6770 |
| other-transaction Subscription Fee | AMZ Professional Gebühr | Verkaufsprovision | 6770 |
| ItemFees FBAPerUnitFulfillmentFee | AMZ Fulfillment Gebühren | Transport / Fracht | 6740 |
| Cost of Advertising Transaction Total Amount | Product Ads | Werbung | 6600 |
Diese Belege sind sehr hilfreich, um die Zahlungen nachzuvollziehen. Hier findet ihr noch weitere hilfreiche Tipps für eure Buchhaltung.
Allerdings reichen die Belege in dieser Form nicht für das Finanzamt, denn diese Belege sind nur die Zusammenfassung verschiedener Geschäftsvorfälle und das Finanzamt erwartet, dass die Belege der zugrunde liegenden Rechtsgeschäfte vorhanden sind. Damit das Finanzamt die Belege anerkennt, benötigen sie
- Belegnummer (gibt es meist – Bestellnummer)
- Namen des Ausstellers und des Empfängers (gibt es hier nicht)
- Betrags-, Mengen- und Wertangaben mit einzelnem Steuerausweis (gibt es, wenn der Umsatzsteuerberechnungsservice aktiviert ist)
- Datum (gibt es)
Da Belege nicht manipulierbar sein dürfen, ist eine Excel-Tabelle bzw. die als pdf ausgedruckte Excel-Tabelle auch nur bedingt geeignet.
Rechnungen mit Zahlungen abgleichen
Die gute Nachricht: Amazon stellt echte Rechnungen sowohl für die Einnahmen als auch für die Aufwendungen zur Verfügung.
Die schlechte Nachricht: sie lassen sich nur schwer abgleichen, denn…
- Bei den Gebühren liegen die Rechnungen pro Monat vor – nicht für die Zahlperioden
- Auf den Gebührenrechnungen werden die Bestellungen der einzelnen Tage aggregiert – es gibt also keine Bestellnummern, die man abgleichen kann.
- Es ist nicht ganz klar, welches das Datum auf der Gebührenrechnung ist. Es ist offensichtlich nicht einfach das Rechnungs- bzw. Lieferdatum wie bei den Zahlungen, denn es gibt beim manuellen Abgleich Abweichungen. Update Juni 2023: Ich vermute, dass es das Datum ist, an dem der Kunde zahlt. Denn bei verschiedenen Test habe ich herausgefunden, dass der Wert auf der Rechnung an den Tagen, an denen alle Kunden mit Kreditkarte zahlen mit den Werten in der Zahlungsdatei übereinstimmen.
Aufgrund dieser Probleme ist es anhand der pdf-Rechnungen nicht möglich, die einzelnen Positionen exakt mit den Zahlungen abzugleichen. Ihr könnt euch den Daten jedoch annähern. Dafür erstellt euch ein Controlling Sheet, in dem ihr alle Daten aus der Zahlungsdatei auf Monatsebene aggregiert und vergleicht diese dann mit den Rechnungen. Die Abweichung sollte minimal sein. Außerdem ist sie ungefähr jeden Monat gleich – zumindest, wenn ihr nicht gerade massiv wachst.
Diese Annäherung ist natürlich unbefriedigend. Die einzige Möglichkeit, die ich bisher gefunden habe, um dem noch näher zu kommen: in jede einzelne Bestellung reingehen und sich das Zahlungsmittel anschauen. Ist es Kreditkarte oder Lastschrift, sollte die Bestellung in dem Tag auftauchen, der auch in der Zahlungsdatei steht. Bei vielen Zahlungen auf Rechnung gibt es Verzerrungen.
Aus meiner Sicht ist es jedoch mehr Beschäftigungstherapie. Viel wichtiger wäre es, wenn ihr euch mit der Wirtschaftlichkeit eurer Produkte beschäftigt.
Weitere Option zum Abgleich und ein guter Grund, es zu lassen
Wer Muße hat, kann sich auch einmal den den Bericht “Von Amazon versandte Sendungen — Steuerabrechnung” anschauen. Dies ist der einzige Bericht, den ich gefunden habe, in dem es viele verschiedene Daten gibt, z.B. Bestelldatum, Lieferdatum, Transaktionsdatum… enthalten ist. Ich habe das Muster noch nicht erkannt, dass eins der Daten exakt mit der Summe der Gebührenrechnung übereinstimmt. Doch vielleicht findet ihr es.
Dadurch, dass die Abweichungen so gering sind – bei mir war es im gesamten Jahr 2022 nur 1% bei den FBA Gebühren und 4% bei den Verkäufergebühren – ist ein tieferes Nachforschen aus meiner Sicht nicht sinnvoll. In der Buchhaltung gibt es den Grundsatz der Wesentlichkeit. Diese ist leider gesetzlich nicht genormt. In der Wirtschaftsprüfung haben sich jedoch Wesentlichkeitsgrenzen von bis zu 3% vom Umsatz etabliert. Dies ist übrigens keine Garantie, dass euer Finanzamt das auch so sieht, sondern lediglich eine Heuristik. Sprecht am besten mit eurem Steuerberater, wie er oder sie das sieht.
Update vom Juni 2023
Nachdem ich immer wieder nach einer klaren Schritt für Schritt Anweisung sowie meinem Excel gefragt wurde, habe ich die FBA Operations Academy gegründet und für Euch einen Kurs „FBA Buchhaltung Schritt für Schritt“ erstellt.
