Ich möchte für meine Kunden Wert schaffen. Der Wert, den ich ihnen verspreche: ihr findet einfach schöne und nachhaltige Produkte für den täglichen Bedarf. Hier könnt ihr die Vision für mein nachhaltiges Unternehmen nachlesen. Um das Nutzenversprechen einzulösen, muss ich zunächst definieren, was nachhaltig überhaupt bedeutet. Das mag ziemlich akademisch anmuten, aber es ist verdammt relevant, wenn es darum geht, Produkte auszuwählen.
Was ist Nachhaltigkeit?
Einer der ersten, die Nachhaltigkeit definiert haben, war die Brundtland Kommission in Ihrem Bericht “our common future”. Ich finde den Bericht sehr inspirierend, auch wenn man ein wenig Sitzfleisch für die 300 Seiten braucht. Und er ist super aktuell. Das ist besonders erstaunlich, da er bereits vor über 30 Jahren im Jahr 1987 veröffentlicht wurde. In dem Bericht definiert die Kommission Nachhaltigkeit in drei Dimensionen: ökologische, soziale und ökonomische Nachhaltigkeit.
Ökologische Nachhaltigkeit bedeutet, dass wir nur so viele Ressourcen verbrauchen wie nachwachsen und sie dementsprechend sich nie erschöpfen. Und andererseits zielt die ökologische Nachhaltigkeit darauf ab, die negativen externen Effekte zu minimieren. Das heißt, dass wir niemanden anders schaden.
Soziale Nachhaltigkeit bedeutet für mich hauptsächlich, dass jeder jedem mit Respekt behandelt. Das ist für mich nicht nur moralisch relevant, sondern auch unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit. Denn nur, wenn wir alle gleichermaßen behandeln und allen die gleichen Möglichkeiten geben, können wir resiliente Gesellschaften aufbauen. Das heißt, dass wir alle in einer Gesellschaft auch Konflikte untereinander aushalten können ohne uns gleich an die Gurgel zu gehen.
Wirtschaftliche Nachhaltigkeit bedeutet im Allgemeinen, dass wir nicht über unsere Verhältnisse leben. Doch für Unternehmer macht diese Definition nur bedingt Sinn, denn viele Geschäftsideen können gar nicht ohne externes Geld realisiert werden. Deshalb bedeutet Nachhaltigkeit für mich in dem Kontext, dass es ein belastbares Geschäftsmodell gibt , das mittelfristig auch Gewinne abwirft und dass auch die finanziellen Ressourcen – ebenso wie alle Ressourcen – sinnvoll eingesetzt werden.
Was sind nun konkret nachhaltige Produkte?
Diese Definitionen lesen sich sehr schön, aber ich kann nicht direkt mit ihnen arbeiten. Da muss es schon ein wenig konkreter werden.
Ökologisch nachhaltige Produkte
Die Produkte, die ich meinen Kunden anbieten möchte, sollen vom Anbau bis zur Entsorgung nachhaltig sein. Bei meiner Recherche bin ich auf cradle to cradle Konzept gestoßen und habe mich gleich in das Konzept verliebt. Grundsätzlich teilt es Produkte in zwei Kategorien ein – in Verbrauchsgüter und in Gebrauchsgüter.
Während Verbrauchsgüter dem Biozyklus angehören, sind Gebrauchsgüter dem technologischen Zyklus zuzurechnen. Das bedeutet, dass Verbrauchsgüter – dazu gehören übrigens nicht nur Produkte, die wir komplett aufbrauchen, sondern auch Verschleißgüter wie Kleidung – innerhalb einer angemessenen Zeit vollständig zerfallen sollen und so wieder als Erde zur Verfügung stehen. Dagegen werden Gebrauchsgüter nach ihrem Lebensende wieder vollständig auseinander genommen und deren Inhaltsstoffe wieder zu neuen Produkten zusammen gesetzt. Dieses Video erklärt das Konzept noch einmal sehr schön.
Ich weiß, dass es ein cradle-to-cradle innovation institute gibt, die auch Produkte zertifizieren. Allerdings sind das noch nicht so viele. Deshalb kann ich nicht einfach darauf zurück greifen. Für die weitere Zukunft habe ich jedoch entschieden, dass ich mich bei meinen Produkten, die ich selbst entwickeln werde, auch an dem Cradle to Cradle Konzept orientieren werde.
Das ist mein Take Away:
- Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe müssen sicher und gesund sein und aus organischem Anbau stammen
- Produktionsprozess soll Ressourcen sparend arbeiten und nur mit erneuerbaren Energien betrieben
- Produkte sollen entweder kompostierbar oder komplett wiederverwertbar sein
- es gibt keine oder nur wenig Verpackung, die nach der gleichen Logik wie die Hauptprodukte produziert werden
Zusätzlich bin ich der Meinung, dass Produkte des täglichen Bedarfs lokal produziert werden sollten und nicht einmal um die Welt transportiert.
Übrigens, ich habe eine ganze Reihe Cradle-to-Cradle zertifizierte Produkte von konventionellen Herstellern gesehen. Auch wenn ich weiß, dass es in der nachhaltigen Community kritische Stimmen dazu gibt, unterstütze ich dies. Denn am wichtigsten ist mir zum Schluss, dass wir so nachhaltig wie möglich leben und da haben die großen konventionellen Hersteller einfach einen größeren Hebel. Was denkt ihr dazu? Ich würde mich über Kommentare dazu unten freuen.
Sozial nachhaltige Produkte
Um sozial nachhaltig zu sein, sollen Unternehmer alle Leute mit denen sie zu tun haben, mit Respekt begegnen. Das bedeutet:
- Unternehmen sollen ihren Mitarbeitern existenzsichernde Löhne zahlen. Ich finde es einen guten Ansatz sich zu überlegen, ob die eigenen Mitarbeiter sich die eigenen Produkte leisten können?
- Unternehmen sollen Mitarbeiter unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrem Alter, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Religion, ihrer Hautfarbe, ihrer Herkunft etc. auswählen, behandeln und bezahlen. Das bedeutet übrigens nicht, dass jeder Mitarbeiter das gleiche Gehalt hat, denn die verschiedenen Fähigkeiten haben unterschiedliche Marktpreise.
Elementare Arbeitsnormen der ILO
Während ich mich mit dem Thema soziale Nachhaltigkeit auseinandergesetzt habe, bin ich über die International Labor Organization (ILO) gestolpert. Die ILO kümmert sich um die internationale Vertretung von Arbeitnehmerrechten. Ehrlich gesagt schäme ich mich ein bisschen, dass ich von der ILO noch nie zuvor gehört habe. Die UN Organisation existiert nämlich bereits seit 1919 und definiert die Arbeitsnormen für ihre 187 Mitgliedsländer. Und sie haben 8 fundamentale Arbeitsnormen definiert:
- Forced Labor Convention
- Abolition of Forced Labour Convention
- Freedom of Association and Protection of the Right to Organise Convention
- Right to Organise and Collective Bargaining Convention
- equal renumeration convention
- Discrimination (Employment and Occupation) Convention
- minimum age convention
- worst forms child labor convention
Diese 8 fundamentalen Arbeitsnormen decken im Prinzip alles ab, was ich unter Respekt verstehe – und noch mehr. Denn ehrlich gesagt habe ich vorher nicht an Zwangsarbeit und Kinderarbeit gedacht, da diese nicht so häufig in Europa vorkommt.
Was bedeutet das jetzt konkret für mich und das Auswählen der Produkte? Ich werde nur Produkte aus Ländern verkaufen, die alle 8 fundamentalen Arbeitsnormen ratifiziert haben. Glücklicherweise sind das die meisten. Denn 146 Länder haben alle ratifiziert. Es gibt jedoch 41 Länder, die nicht alle 8 Arbeitsnormen ratifiziert haben.
In der Grafik habe ich mal alle aufgeführt, die mindestens drei Arbeitsnormen nicht ratifiziert haben. Neben einigen kleineren polynesischen Inseln finden sich da die üblichen Verdächtigen wie China und zusätzlich noch die USA.
Das ist etwas, was ich nicht verstehe. Wie kann eine der größten Länder der Welt, die sich selbst auch noch als Vorbild für die Welt sehen, nicht einmal die 8 fundamentalen Arbeitsnormen ratifizieren? Ich kann nur vermuten, dass es damit zusammenhängt, dass sie sich nicht durch internationale Abkommen binden wollen. Doch dann ist es irgendwie nicht nachvollziehbar, warum sie einige Normen ratifizieren und andere nicht. Vielleicht habt ihr eine Vermutung. Schreibt sie doch in die Kommentare.
Wirtschaftlich nachhaltige Produkte
Auf den ersten Blick scheint es erst einmal ein Stretch zu sein über wirtschaftliche Nachhaltigkeit von Produkten zu sprechen. Doch ich denke, dass es da einige wichtige Punkte gibt. Die Produkte sollen
- bezahlbar (nicht billig !) sein
- eine hohe Qualität aufweisen und haltbar sein / kein künstliches Ablaufdatum
- transparent vermarktet werden. Verkaufstaktiken, die dem Kunden mehr andrehen als er braucht, sind tabu (z.B. 2 für 1).
Wie setze ich dieses Wissen jetzt um?
Je mehr ich über Nachhaltigkeit lese und forsche desto klarer wirst es für mich, dass ich die Bewertung der nachhaltigen Produkte nicht komplett selbst übernehmen kann. Einerseits habe ich keine Laborressourcen und andererseits wären die Hersteller wahrscheinlich nicht so glücklich, wenn ich als kleiner Händler bei ihrer Produktion einfach so vorbei schaue.
Deshalb habe ich entschieden, dass ich als erstes Auswahlkriterium für meine nachhaltigen Produkte Ökolabels heranziehen werde. Zum Glück hat eine meiner Lieblingsseiten Utopia eine Liste mit 75 Zertifikaten. Die musste ich nur noch verstehen. Zum Schluss habe ich mich dafür entschieden, dass meine Produkte eins der folgenden Zertifikate haben müssen. Diese sind jeweils die strengsten in ihrer Kategorie. Es kann sein, dass ich so vielleicht das eine oder andere großartige Produkt verpasse. Nun gut, das ist dann so. Irgendwo muss ich ja anfangen.
Übrigens, falls ihr an nachhaltiger IT Infrastruktur interessiert sind, lohnt es sich auf das TCO Label zu achten.