Theoretisch weiß ich natürlich, dass es normal ist und zum Gründen dazugehört, dass man mal einen Durchhänger hat. Doch um ehrlich zu sein habe ich nicht erwartet, dass ich bereits so kurz nach dem Start meines Projekts meine erste Krise als Gründerin haben würde. Denn meine Firma ist noch ein Projekt. Ich habe ja noch nicht einmal das Unternehmen rechtlich gegründet, sondern bin immer noch mit den Vorarbeiten beschäftigt.
Zunächst habe ich die Krise gar nicht als Krise erkannt und ich weiß auch nicht so recht, wie lange sie eigentlich ging, denn es war eher ein schleichender Prozess. Das Ziel dieses Artikels ist es, Euch zu zeigen, wie so eine unternehmerische Krise aussehen kann und was Ihr tun könnt, um darüber hinweg zu kommen.
Wie hat sich meine erste Krise als Gründerin gezeigt
Anfang 2021 habe ich „offiziell“ mit meinem YouTube-Projekt und meinem Unternehmen begonnen. Auch wenn ich bereits vorher schon an beiden Themen gearbeitet habe – an YouTube seit Ende Oktober und an meiner Firma zumindest gedanklich seit über einem Jahr – habe ich erst Anfang diesen Jahres meinem Netzwerk davon auf LinkedIn und Xing erzählt. Das war für mich ein sehr großer Schritt, denn so ist es für mich öffentlich und damit nachvollziehbar geworden.
YouTube Kanäle
Nach drei Monate – kurz vor Ostern – habe ich dann überlegt, was ich bisher geschafft habe. Das Ergebnis war ernüchternd. Ende März hatte
- mein deutscher YouTube-Kanal 28 Abonnenten und
- mein englischer YouTube-Kanal 13 Abonnenten.
Das war wirklich wenig. Immerhin habe ich jede Woche ein Video hochgeladen und somit bereits 12 Videos online. Im Vergleich mit anderen YouTube-Kanälen ist dies jedoch sehr wenig. Ich habe mir von recht vielen Kanälen das Wachstum angeschaut und bei den meisten erfolgreichen Kanälen, die irgendwann mal mehrere Hunderttausend Abonnenten hatten, war das Wachstum schneller. Innerhalb der ersten drei Monate haben sie 100 Abonnenten gewonnen und nach 6-9 Monaten waren sie bei 1000 Abonnenten und ab dann ging das Wachstum exponentiell nach oben. Auch wenn ich mir explizit keine Abonnentenziele gesetzt habe, bin ich doch sehr weit von diesem Idealpfad entfernt. Das hat mich frustriert.
Firma
Während ich bei YouTube jede Woche ein Video hochgeladen habe, das doch ein paar Leute gesehen haben, hatte ich bei meiner Firma noch weniger vorzuweisen. Einerseits habe ich meinem Unternehmen auch nicht so viel Zeit eingeräumt wie z.B. YouTube. Denn als neuer YouTuber brauchte ich doch sehr viel Zeit für das Vorbereiten, Drehen und Schneiden der Videos – im Schnitt 20 Stunden pro Video. Gleichzeitig kann ich auch nicht so viel arbeiten wie früher, da ich jetzt als Mama auch Zeit für meine Tochter haben möchte und muss. So komme ich selbst mit der Zeit am Abend, wenn sie im Bett ist auf maximal 9 Stunden pro Tag, die ich arbeiten könnte.
Das klingt gar nicht so schlecht. Doch dann habe ich im Rahmen der Rückschau festgestellt, dass ich pro Tag nur ca. 6 Stunden tracke. Und überlegt, wo die drei Stunden pro Tag so hin verschwinden. Und festgestellt, dass ich mich selbst sabotiert habe… Ich habe Pausen künstlich verlängert, habe kleine Aufgaben zu sehr Großen gemacht und ich habe einen Bogen um die Dinge gemacht, die ich mir vorgenommen hatte und so weiter.
So ein Verhalten habe ich bei mir zuvor sehr selten beobachtet und nur dann, wenn ich Aufgaben gemacht habe, die ich nicht für sinnvoll erachtet habe. Bedeutete es, dass meine Aufgaben, die ich mir selbst gesucht habe, nicht sinnvoll waren?
Learnings – wie ich die Krise als Gründer bewältigt habe
Wenn ich hier von Bewältigen der Krise als Gründer spreche, meine ich übrigens nicht, dass ich jetzt super erfolgreich bin, denn dafür ist alles noch viel zu frisch. Doch merke ich, dass ich wieder mehr Elan habe und innerhalb der kurzen Woche nach Ostern mehr geschafft habe als in den drei Wochen zuvor. Was ist passiert?
Abschalten & Schlafen
Zum einen ist Ostern passiert oder eben nichts passiert. Normalerweise denke ich jeden Tag den ganzen Tag an meine Firma oder den YouTube-Kanal, selbst wenn ich mit meiner Kleinen auf dem Spielplatz war. Somit habe ich nie richtig abgeschaltet. Für die Osterfeiertage habe ich mir explizit vorgenommen, dass ich nichts mache. Und am Ostermontag hatte ich einen Durchbruch – ich hatte wieder Ideen – ich hatte eine Idee, wie ich den Shop starten kann, ich hatte eine Idee für einen Namen. Das mag nicht so viel erscheinen. Doch für mich war dies sehr belebend, denn ich habe bereits monatelang über einen Namen nachgedacht und jetzt kam es einfach so – in einem Moment, in dem ich mal nicht mehr darüber nachgedacht habe.
Die Erkenntnis, dass jeder Pausen machen muss, ist jetzt nicht so wahnsinnig neu. Dennoch vergessen es immer wieder viele – eben genau so wie ich. Ich habe mich nicht getraut, mir auch noch den Abend frei zu nehmen, weil ich ja bereits jeden Tag so viel Zeit mit meiner Tochter verbringe.
Und genau da bin ich in eine Denkfalle getappt. Früher dachte ich immer, dass es beim Pausen machen darum geht, weniger zu arbeiten. Und in meiner gesamten Karriere habe ich noch nie so wenige Stunden gearbeitet wie jetzt. Und ich habe die Zeit fast immer genossen. Gleichzeitig hatte ich auch nie eine Phase wie jetzt, in der ich kreativ leer und mich selbst sabotiert habe.
Und zwei Elemente waren immer anders als jetzt:
- Ich wusste früher, dass ich viel arbeitete und ich hatte nie ein schlechtes Gewissen, wenn ich nicht gearbeitet habe. Dagegen habe ich seitdem ich an der Firma arbeite ein schlechtes Gewissen, weil ich nicht genug mache. Und dieses schlechte Gewissen nagt an mir Tag und Nacht.
- Damit einher geht, dass ich zu wenig schlafe. Dies ist einerseits dadurch getriggert, dass ich ein Kleinkind habe, dass ab und zu mal nachts aufwacht und dann nicht mehr einschlafen kann. Andererseits bin ich jedoch auch selbst schuld, denn mein schlechtes Gewissen sagt mir, dass ich mehr arbeiten müsse. Und dann hänge ich abends gerne noch eine Stunde dran, drifte dann ab und bleibe viel zu lange wach. So komme ich im Schnitt nur noch auf 6,5 – 7 Stunden Schlaf. Und das ist eindeutig zu wenig für mich, denn ich brauche mindestens 8 Stunden.
Deshalb als Learning: auch wenn es kontra-intuitiv erscheint, habe ich mir ganz fest vorgenommen, dass ich abends nichts mehr mache, in der Zeit lieber mit Freunden telefoniere, lese (vielleicht auch mal Sport mache ?) und zeitiger ins Bett gehe. Denn durch 1-1,5 Stunden mehr Schlaf pro Tag kann ich locker das doppelte in einem Tag schaffen. Probiert einfach mal aus, ob es Euch genau so geht.
Mit Leuten reden
Inhalte meiner YouTube Videos an meine Zielgruppe anpassen
Als mir bewusst wurde, dass ich auf YouTube nicht so wachse wie gedacht habe ich als erstes einen Online Kurs gemacht, wie man seine ersten 100 Abonnenten in 14 Tagen gewinnen kann. Auch wenn das Versprechen mit 14 Tagen für einen Film-Newbie wie mich absolut utopisch ist, sind alle Schritte sehr gut nachvollziehbar und ich habe alle Aufgaben durchgeführt. Und ich hatte wirklich das Gefühl, dadurch besser zu werden. Eine Idee in dem Kurs für das Seeding von Videos war es, in Foren zu posten. Im Zuge dessen habe ich auch begonnen zum Beispiel bei Gute Frage Antworten auf BWLer Fragen zu geben und meine Videos dort auch als Quelle mit angegeben. Das passt ja super zu solchen Themen wie Deckungsbeitrag oder Kundenwert. Und das Feedback, was ich bekommen habe war: „tolle Videos aber zu hoch für mich“. Ups.
Das hat mir zu denken gegeben, denn bereits einige Monate zuvor hatte mich eine Bekannte darauf hingewiesen, dass ich doch die Dinge einfacher darstellen sollte. Also habe ich nach weiteren Anzeichen gesucht, ob dies auch andere dachten. In verschiedenen Ausprägungen habe ich mehrere Hinweise darauf erhalten, dass ich wohl an meiner Zielgruppe vorbei rede. Das war ein ganz schöner Downer. Immerhin habe ich ja jahrelange Marketingerfahrung und diesmal bin ich sogar selbst Zielgruppe. Da müsste es mir doch leicht fallen, die richtige Sprache zu finden. Wohl nicht.
Also habe ich gemacht, was jeder machen sollte, der die Zielgruppe nicht richtig versteht: mit Leuten aus der Zielgruppe reden. Und das hat mir sehr geholfen zu verstehen, was eigentlich die Fragen sind, die Gründer beschäftigen, was Gründer ohne BWL Background brauchen und welche Sprache ich benutzen sollte. So werden sich meine YouTube-Videos jetzt etwas verändern, so dass sie einfacher zu konsumieren sind. Denn zum Schluss ist mein Ziel mit dem YouTube-Kanal ja, andere zu motivieren, ein nachhaltiges Unternehmen aufzubauen. Und da bringt es wenig, wenn ich zwar wunderbar inhaltsreiche Vorlesungen halte, die jedoch niemanden erreichen.
Erste Produkte im Shop an Nachhaltigkeit ausrichten
Ein Gespräch hat auch meine Krise als Gründerin in Bezug auf das Unternehmen gelöst. Dabei war es eine ganz einfache Frage: „Warum willst du eigentlich mit Gartenwerkzeug anfangen. Es hat doch jeder eine Hacke zu Hause und selbst wenn jemand eine neue braucht, hält die doch ein Leben lang.“ Das gab mir zu denken.
Denn mein Ziel ist es, die Welt nachhaltiger zu gestalten. Kann ich das wirklich mit nachhaltigen Gartenwerkzeugen? Mit Produkten, die man nur einmal im Leben kauft? Wohl eher nicht. Deshalb habe ich mich entschieden, mich auf Produkte zu konzentrieren, die regelmäßig aufgebraucht werden und damit nachgekauft werden müssen.
Mit anderen über meine Projekte zu reden, hatte noch einen zusätzlichen positiven Effekt. Ich habe auch viel positiven Zuspruch erhalten und bin um so motivierter, weiter zu machen und mich weiter zu verbessern.